Mittwoch, Mai 31, 2006

Ausreden lassen

Jemanden ausreden lassen ist ungefähr genauso wichtig wie Briefe bis zum Ende lesen. Man spart sich (und uns) dadurch oft viel Zeit, Nerven, Puste und oftmals auch das Geld für den Anruf bei der Hotline...

Aber andersrum betrachtet, wozu sind wir denn da? ;-)

Noch 10 Minuten, dann Feierabend - endlich. Ich hatte 10 Tage Arbeit hinter mir und freute mich bereits auf das vor mir liegende Wochenende, als ein voellig eskalierender Herr von Boedefeld in mein Ohr bruellte;

HvB: "Ich habe bereits mit drei von ihren Kollegen gesprochen und keiner konnte mir helfen, sie sind jetzt die vierte!"
C-G: "Ihnen auch einen schoenen guten Tag, Herr von Boedefeld, worum geht es bitte, wenn ich fragen darf?"
HvB: "Ich habe vor sechs Wochen eine Telefonanlage bei ihnen bestellt, mit allem drum und dran, aber ich habe nur eine Teillieferung bekommen. Die schnurlosen Telefone sind nicht mitgeliefert worden und ich hab auch schon alles bezahlt. keiner ihrer Kollegen konnte mir sagen was mit den Telefonen ist. Wenn ich die nicht umgehend zugesandt bekomme, dann moechte ich das Geld wieder. Es muss doch wohl irgendwie moeglich sein, das in Erfahrung zu bringen."
C-G: "Kleinen Augenblick bitte, Herr von Boedefeld, ich schau da mal eben nach."

*klick* und auf "halten". Das ist ja nicht zum Aushalten, muss der nicht mal Luftholen zwischendurch?
In aller Seelenruhe und in der Hoffnung, dass sich der Herr in der Leitung ein wenig abreagiert, rufe ich mir die Daten auf - und finde auch schon gleich den Vorgang. Okay, dann auf in den Kampf...

C-G: "So, Herr von ..."
HvB: "Ah, haben sie jetzt alles gefunden, ja?"
C-G: "Ja, ich habe ..."
HvB: "Wissen sie, sie sind nun die vierte und wenn sie mir jetzt nicht sagen koennen, was mit diesen verdammten Telefonen ist, dann muss ich mir wirklich andere Schritte einfallen lassen.
C-G: "Ich habe hier den Lieferschein und ...
HvB: "Na, soweit waren ihre Kollegen auch schon."
C-G: "Sie haben Recht, es wurden ihnen u.a. vier schnurlose Telefone in Rechung ge..."
HvB: "Natuerlich habe ich recht. Was meinen sie denn, warum ich mich so aufrege? Glauben sie das macht mir Spass?"
C-G (leicht angenervt): "Nein, natuerlich nicht. Ich verstehe dass sie sauer sind, allerdings haben sie am..."
HvB: "Sie verstehen dass ich sauer bin? *Sie* verstehen das? Warum? Kommt das bei ihrem Verein oefter vor, dass Kunden Geraete in Rechnung gestellt werden, die sie nie erhalten?"
C-G : "Nein, Herr von Boedefeld. Aber um ihr Anliegen nun mal aufzuklaeren, Sie haben am ..."
HvB: "Dann behaupten sie doch nicht einfach, dass sie mich verstehen. Sie koennen mich dann doch gar nicht verstehen. Wissen Sie, ihre anderen Kollegen haben das auch behauptet und dann waren die so unverschaemt und haben einfach aufgelegt."

Okay, ja - *das* kann ich vollkommen verstehen! Ich bin auch gerade kurz davor.

Nungut, letzter Versuch - so wie er mir so ich ihm. Ich habe seit 15 Minuten Wochenende und habe mich nun wirklich genug anbruellen und unterbrechen lassen. Irgendwann ist schluss mit lustig. Nun werd ich auch mal ein bisschen lauter;

C-G (genervt): "Herr von Boedefeld, wissen sie warum meine Kollegen aufgelegt haben und warum sie noch nicht wissen, was mit ihren Telefonen ist? WEIL SIE MEINE KOLLEGEN WAHRSCHEINLICH GENAUSO WIE MICH NICHT AUSREDEN LASSEN HABEN!"

Am anderen Ende - Stille...

C-G: "Ich habe hier ein Schreiben von vorletzter Woche, in dem steht, dass die von ihnen bestellten Telefone nicht mehr lieferbar sind und ihnen der Rechungsbetrag in der Telefonrechnung gutgeschrieben wird. Ich habe mir ihre letzte Rechnung hier aufgerufen, die sie vor vier Tagen erhalten haben und da ist die Gutschrift sogar schon drin."

Noch immer Stille. Okay, diesmal hat er wohl aufgelegt. Gerade als ich auf "trennen" klicken wollte, hoerte ich einen Atemzug.

HvB: "Oh, das tut mir jetzt aber wirklich leid. Bitte entschuldigen sie. Das ist mir jetzt sehr unangenehm,..."

...

Kommentar von einem Kollegen, der amuesiert das Telefonat verfolgte: "Oh, das Call-Girl kann ja doch richtig laut werden, wenn sie will." Ich zwinker ihm zu, packe meine Sachen zusammen und entlasse mich ins Wochenende...

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